K.E.A. von Hoff und C.W. Jacobs
Erste oder nordwestliche Hälfte
Ein Nachdruck des Originals von 1807
Herausgegeben und bearbeitet von Thomas Martens und Wolfgang Zimmermann
VEB F.A. Brockhaus Verlag Leipzig 1989
Klappentext:
Herausragende Begabungzu aufmerksamer Naturbetrachtung, unbändiger Drang nach neuen Erkenntnissen, ein besonderes Interesse an Geologie, Mineralogie und Geographie, all dies verbunden mit persönlicher Bescheidenheit - damit sind die wesentlichen Charakterzüge genannt, die den Gothaer Staatsbeamten, Geologen und Geographen Karl Ernst Adolf von Hoff auszeichneten.
Mit seinem Freund Christian Wilhelm Jacobs unternahm er 15 Jahre lang regelmäßig Streifzüge durch den Thüringer Wald, ehe sie 1807 den ersten umfassenden Reiseführer für dieses Gebiet herausgeban. Neben einer allgemeinen Übersicht über Natur und Wirtschaft sowie über die Bewohnerwerden auch die einzelnen Täler ausführlich vorgestellt.
In ihren Neigungen und Kenntnissen ergänzen sich v. Hoff und Jacobs vorzüglich, während ersterer die geologischen, mineralogischen und hydrographischen Teile übernahm, fiel Jacobs die Schilderung der Bewohner und ihrer Gewerbe sowie von Pflanzen und Tieren zu.
Die Zuverlässigkeit der Darstellung, vor allem aber die Originalität der geologischen Beschreibungen, führte dazu, daß der stilistisch anspruchsvolle und unterhaltsama geschriebene Reiseführer bis weit in die zweite Hälfte des vorigen Jahrhunderts seine Bedeutung behielt und als vortreffliches Werk gerühmt und genutzt wurde. Heute stellen vor allem die Schilderungen der Menschen und ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit ein eindrucksvolles Zeitdokument des 19. Jahrhunderts dar, einer Zeit, da Reisen auch im Herzen Europas noch Pioniercharakter trugen. Verlag und Herausgeber nehmen den 150. Todestag Karl von Hoffs zum Anlaß, eine gekürzte Fassung dieses Werkes herauszubringen und den Leser zum reizvollen Vergleich mit der Gegenwart anzuregen.
Aus dem Inhalt:
Das Klima
Seite 29 ff:
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Diese verschiedene Luftbeschaffenheit sowie die Veränderung der Witterungselbst hängt vorzüglich mit den Winden zusammen, die eben wehen.
Am herrschendsten sind die Westwinde, die jedoch seltener in der bestimmten Richtung von Aben her und fast immer mehr südlich oder mehr nördlich sich einstellen. Der Südwetswind, lau und mild, bringt häufig Gewitter, fruchtbare Regen und Tauwetter, der Nordwestwind, rauh und kalt, Schneegestöber und kalte Regen. Der eigentliche Westwind steht zwischen beiden in Temperatur und Wirkung. Nebst dem Westwind herrscht am häufigsten und längsten der Ostwind. Kalt und durchdringend, führt er zwar oft aus dem Lande Nebel und Schneegestöber herbei, hat er diese jedoch abgelagert, so läßt er alsdann gewöhnlich heiteren Himmel und beständige Witterung folgen. Als Nordost und eigentlicher Ost mäßigt er indessen die Temperatur der Luft so, daß sie oft in empfindliche Kälte übergeht. Als Südost hingegen erhält er eine wohltätige Milde. Allein in der ersten Richtung ist er fast immer beständiger und anhaltender als in der letzteren, aus welcher er oft in Süd übergeht und dann, nach Verschiedenheit der Jahreszeit, im Sommer durch Gewitter, im Winter durch heftiges Tauwetter und Regen, der Beständigkeit der Witterung ein Ende macht. Kein Wind läßt so bestimmt auf eine schnelle Umwandlung der Witterung schließen als der Südwind.
Gewöhnlich macht er den Übergang aus dem Ost- in den Westwind, und wenn dies der Fall ist, soklärt sich der von Süden her getrübte Himmel fast immer aus Westen wieder auf, und das anhaltende Regenwetter geht in abwechselndeoder vollkommende Heiterkeit des Himmels über.
So macht auch der Nordwind, der ebenfalls ungleich seltener und minder beständig als der Ost- und der Westwind ist, gewöhnlich den Übergang des letzteren in ersteren. Er ist kalt, rauh und führt uns vom Harz her fast immer Schneegestöber und Regen herbei.
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Die Einwohner des Thüringer Waldes
Seite 62 ff:
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Die Menschenart, die wir hier antreffen, zeichnet sich fast überall durch einen starken, kraftvollen Körper aus. Die Übung ihrer Kräfte, zu welcher sie von ihrer frühen Jugend an ihre Lage auffordert, erhöht das Vermögen ihrer Muskeln bis zu einem Grade, welchen der Bewohner des platten Landes nur selten besitzt.
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Ihr Körperbau ist jedoch nicht bloß muskelhaft. Er ist, im Durchschnitt genommen, auch wohlgebildet, keineswegs schwerfällig, sondern leicht, zugleich aber auch fest. Kleine, unansehnliche, verkrüppelte Personen gehören in den Waldgegenden weit mehr unter die Ausnahme als im flachen Lande. Gewöhnlich sind die Gesichtszüge unserer Waldeinwohner regelmäßig, oft selbst schön. Sprechende Augen, blühende Farbe, schlanker Wuchs, Fülle der Gesundheit und Lebenskraft in allen Teilen des Körpers - dies sind Eigenschaften, welche sich sehr oft unter dem männlichen als unter dem weiblichen Geschlechte finden.
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In dem gut gebauten, dauerhaften und dabei gewandten Körper unserer Waldleute wohnt gewöhnlichauch ein ihm entsprechender Geist. Fast immer besitzen sie einen gesunden, natürlichen Verstand. Sie fassen schnell und gut und halten das, was sie gefaßt haben, ziemlich fest. Nicht selten findet sich in ihnen ein nicht gemeiner Scharfsinn, der sie zu mechanischen Arbeiten und Unternehmungen aufruft oder sich durch Erleichterung in ihren gewöhnlichen Arbeiten an den Tag legt. Und ebenso unverkennbar ist, wenn amn diese Menschenart im freien Handeln und Treiben unter sich beobachtet, die Ader des Witzes, die sie oft in wirklich reichem Grad besitzen. Ihre ursprüngliche Gemütsstimmung ist frei und fröhlich.
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