Der überlistete Teufel
Einem Bauern in Tambach-Dietharz brannte kurz vor der Ernte die Scheune ab. Als der Mann mit Sorgen vollen Gedanken durch die reifenden Kornfelder ging, trat plötzlich der Teufel zu ihm. Er erbot sich, dem Bauern über Nacht bis zum ersten Hahnenschrei eine größere und schönere Scheune aufzubauen, als sie der Bauer je besessen hatte. Als Lohn forderte der Teufel das ungeborene Kind, das die Bäuerin unter ihrem Herzen trug.
Der Bauer stimmte schließlich zu, und um Mitternacht begann der Teufel mit seinen dienstbaren Geistern die Scheune zu bauen. Er fügte die Balken zum Fachwerk und setzte das Dach auf. Dann füllte er das Fachwerk mit Lehm.
Der Bauer schaute heimlich zu und bemerkte zu seinem Schreck, daß lange vor dem ersten Hahnenschrei nur noch ein Fachwerkfeld offen war. Da hatte er einen Einfall. In aller Eile stürzte er in den Hühnerstall und klatschte in die Hände. Er weckte damit den Hahn, der mitten in der Nacht zu krähen begann.
Der Teufel mußte daraufhin von seiner Arbeit lassen und wurde so um seinen Lohn geprellt. Doch gelang es auch später niemandem, das letzte Fachwerkfeld zu schließen. Weder Steine noch Lehm wollten darin auf Dauer halten.
(aus: Der pfiffige Bauer
und andere Volkssagen um Stände und Berufe aus dem Thüringischen
Verlag die Wirtschaft Berlin 1988 2. Auflage)
Doctor Luther in Tambach.
An Tambach war es, wo Doctor Luther von seinen großen und unerträglichen Schmerzen, die er zwölf Tage lang erlitten, zuerst große Erleichterung fand, und sie der wohlthätigen Wirkung des nach ihm genannten Brunnens zuschrieb. Deßhalb nannte er diesen Ort eine Stätte der Segnung und der Linderung, und sein Capernaum das Haus, in dem er gewesen war. In der Stube, in welcher er übernachtete, schrieb er im dankbarm Gefühl der wiederkehrenden Gesundheit mit Kohle in lateinischer Sprache die Worte an die Wand: Tambach ist mein Phanuel, hier offenbarte sich mir der Herr. Lange haben diese Worte in jenem Hause gestanden, ebenso an einem Pfeiler der alten Kirche, welche nach dunkler Sage von einer Jungfrau erbaut worden ist, neben der Kanzel, bis im Jahr 1634 ganz Tambach im Feuer untergegangen. Doch ist Luthers Gedächtniß weder damals, noch in den Gräueln des dreißigjährigen Kriegs, die Tambach hart betrafen, vertilgt worden.
(aus: Der Sagenschatz und die Sagenkreise des Thüringerlandes , Zweiter Theil, Ludwig Bechstein, Hildburghausen 1835)
Alte Schlösser um Tambach und Diethharz.
Viele Sagen gehen noch von alten Schlössern um Tambach. Bei Diethharz liegt ein wüster Platz, die Schloßgrube genannt, dort stand die Krachenburg, von der man nichts mehr weiß. Dem Schmalwassergrund entlang kommt man zu einem hohen und steilen Felsen, den die Einwohner den Ahlen-Filsch (alten Fels) nennen, darauf hat das Schloß Waldenfels gestanden, dessen Bewohnern die ganze Gegend mit Tambach und Diethharz zu gehörte. Es ist aber nur ein ganz kleiner Raum auf dem alten Fels, wo kaum ein Thurm gestanden haben kann, um den geht ein schmaler Gang wenige Fuß breit rund herum. Von Mauerwerk und Mörtel, wie sich sonst noch auf alten Burg plätzen vorfindet, ist hier keine Spur. Doch haben die Herren von Milding, die auf Waldenfels saßen, Diethharz und Tambach dem Kloster Georgenthal verkauft. Das Schloß (vielleicht auch nur eine Warte) auf dem Falkenstein, von den Edlen gleiches Namens besessen, auch die Bezeichnung eines vom Thal der Apfelstadt aufsteigenden Berges „Hohewarte", wo jetzt die Pirrschhäuser stehen, deutet auf das ehemalige Vorhandensein eines Wartthurms hin.
(aus: Der Sagenschatz und die Sagenkreise des Thüringerlandes , Zweiter Theil, Ludwig Bechstein, Hildburghausen 1835)
Der Luthersbrunnen bei Tambach.
Es geht die allgemeine Sage und ist auch in alten Schriften als wahr bestätigt, daß Doctor Luther auf dem großen Fürstentage zu Schmalkalden im Jahr 1537 schwer und tödtlich erkrankte und darauf bestand, in seine Heimath zu reisen, worauf ihn der Churfürst von Sachsen in seinem eigenen Wagen unter gutem Geleite von dannen fahren ließ, daß Luther auf dem alten Wege über den Rosengarten fuhr, großen Durst empfand und unterwegs ausstieg, um seinen Durst an einer ohnweit der Fahrstraße entspringenden frischen Bergquelle zu stillen. Dieser frische Trunk wirkte also heilsam auf den Gottesmann, daß er sich schon merklich erleichtert fühlte und mit besserm Vertrauen und guter Getröstung in Tambach einfuhr. Hernach ist der Brunnen mit Steinen gefaßt und zum ehrenden Andenken bis auf diesen Tag der Luthersbrunnen genannt worden.
(aus: Der Sagenschatz und die Sagenkreise des Thüringerlandes , Zweiter Theil, Ludwig Bechstein, Hildburghausen 1835)
Das Hülloch bei Diethharz.
Nahe bei Diethharz liegt oben an der Bergwand linker Hand, wenn man durch das enge Wiesenthal in der Richtung nach dem Falkenstein zugeht, über dem Martersbach eine in den Fels geräumig eingehende, wie ein Scheunthor sich aufwölbende Grotte, das Hülloch genannt, das einige mit Unrecht Hünenloch nennen und schreiben. Dahinein, so wird erzählt, fluchteten und bargen sich vor Alters in schlimmen Kriegszeiten, wo Dietharz und Tambach oft und grausam heimgesucht worden sind, viele Einwohner und machten den ohnedieß steil gelegenen Zufluchtsort ganz unzugänglich. Weil aber bei den Geflüchteten ob ihrer Roth und Bedrängniß viel Geheul und Geschrei war, in der Volkssprache Gehül und Geschrie, so wurde der Felshöhle der Name Hül-Loch (Heul -Loch) beigelegt, den sie noch bis heute führt; auf jene erlittenen Drangsale bezieht sich vielleicht auch noch der Name des unter dem Hülloch vorbeifließenden Baches. Von Hünen wissen die Einwohner nichts zu sagen, obwohl ohnweit der hohen Leiten und dem Rosengarten drei Hühnberge, der vordere, mittlere und hintere, liegen.
(aus: Der Sagenschatz und die Sagenkreise des Thüringerlandes , Zweiter Theil, Ludwig Bechstein, Hildburghausen 1835)
Blutnelken am Falkenstein.
Von dem nun ganz zerstörten und spurlos verschwundenen Schlosse Falkenstein auf dem hohen Felsen, der nach demselben noch seinen Namen trägt, geht eine dunkle Sage. Es saß ein Ritter dar auf, der die Reisenden beraubte, die durch den Thalgrund ihres Wegs fürbaß zogen, denn damals führte eine Landstraße dicht unten vorbei und dem Schmalwassergrund entlang gen Diethharz. Dieser Ritter stürzte die Gefangenen, die sich nicht durch ein reichliches Lösegeld loskaufen tonnten, den steilen Felsen herab, und aus dem Blute der unschuldig Ermordeten, das an den Felsen spritzte, sproßten die vielen Blutnelken auf, die noch immer so häufig am Falkenstein wachsen und blühen. Nach andern soll es ein Ritter selbst gewesen sein, der auf dem Falkenstein ermordet wurde, und aus dessen Blut die rothen Nelken dann erwuchsen.
(aus: Der Sagenschatz und die Sagenkreise des Thüringerlandes , Zweiter Theil, Ludwig Bechstein, Hildburghausen 1835)
Das Kind am Falkenstein.
Eine arme Frau stieg einst hoch am Falkenstein hinauf, Waldgras einzusammeln und mancherlei Kräuter, die nur an solchen selten betretenen Stellen wachsen und blühn. Sie hatte ihr ganz kleines Kind bei sich, und setzte dieses, da es ihr bei der Arbeit hinderlich war, an eine sichere Stelle, hieß es allda ruhig bleiben und mit den Steinchen spielen, die umher lagen; sie selbst ging hier auf ihrer Arbeit nach. Das Kind spielte eine Zeit lang, und es wurde ihm die Zeit lang, es rutschte weiter und immer weiter vor bis an den jähen Felsenabhang. Und auf einmal war es der Mutter, als höre sie einen Schrei. Es fiel ihr centuerschwer auf's Herz, rasch ließ sie Korb und Sichel und eilte nach der Stelle, wo sie ihr Kind gelassen, da war es nicht mehr dort und war den steilen Fels hinuntergefallen. Auf einem großen Umweg und außer sich vor Angst und Schreck eilte nun die arme Frau in die Thaltiefe, wo sie gewiß war, ihr Kind zerschmettert, blutend und tod zu finden. Wie sie aber hinunter kam an den Fuß des mehr als thurmhohen Falkensteins, so saß ihr Kindlein ruhig dort und spielte mit drei rothen Nelken, wie sie oben auf dem Felsengipfel blühen. Die Engel hatten das Kind behütet.
(aus: Der Sagenschatz und die Sagenkreise des Thüringerlandes , Zweiter Theil, Ludwig Bechstein, Hildburghausen 1835)
Vom Bergsegen um Tambach
An der Tambacher Leube findet sich eine Klufft, welche vierzehn Lachter lang auf unebenem Quarzgrund fortgeht, erst weit, dann enger, so daß ein starker Mann nicht wohl hinein kommen mag, an etlichen Orten ist die Kluft einer Stuben groß. In dieser Kluft ist ein versetztes und verborgenes Loch, das geht fünf Lachter tief unter sich und ist in der Weite zwei Lachter, darin fließen zwei Bächlein gegen Abend; in dem obersten dieser Wasser mittagwärts findet man gediegene ungarische Goldkörner, der Centner 30 Pfund, und gegen Mitternacht zur rechten findet sich gediegnes Silber, davon der Centner Erzes 70 Pfund ergiebt. Nicht weit von der beschriebenen Kluft ist ein Silbergehege, eine Meile von Asbach gegen Morgen. An diesem Ort ist ein Klumpen gediegen Silber gesehen worden, wie ein Kachelofen groß, auch sind dort zwei Brunnen, einer hat seinen Ausfluß gegen Ostsüdost, der andere gegen Westsüdwest. Drei Lachter von diesen Brunnen nordöstlich und fünf Lachter tief trifft man halb gediegenes Silber an. Wenn man zu Dietharz hinausgeht, an der Kirche vorbei, drei oder vier Büchsenschüsse hinauf den Grund entlang, findet man einen überaus reinen und köstlichen Brunnen, dessen Wasser nach Tambach zufließt, am durchbrochenen Fels vorbei; darin sind Silberkörner, die Werth, daß man sie aus wasche, wie vor Zeiten geschehen.
(aus: Der Sagenschatz und die Sagenkreise des Thüringerlandes , Zweiter Theil, Ludwig Bechstein, Hildburghausen 1835)
Sage vom Dorfe Diethharz.
Es ist vor Alters die Rede gegangen, daß in diesen Gegenden ein Götze, Namens Diet, verehrt worden sei, dessen Bild in einem Harzwalde (Kiefernwalde) gestanden haben soll, davon das Dorf Diethharz seinen Namen erhalten habe. Nach eben diesem Götzen sollen auch die thüringischen Orte Dietendorf, Dietshausen u. a., wo er gleich falls verehrt worden, genannt sein. Niemand weiß aber von einem solchen Götzen. Bonifacius erbaute die alte Kirche zu Diethharz, deren Fundament bis vor hundertunddreißig Jahren stand, wo man die neue erbaute.
(aus: Der Sagenschatz und die Sagenkreise des Thüringerlandes , Zweiter Theil, Ludwig Bechstein, Hildburghausen 1835)