100 TAGE DIE DIE DDR ERSCHÜTTERTEN
Neues Deutschland vom 11.09.1989 Seite 1:
HERMANN AXEN auf der Großkundgebung in Berlin für starken Sozialismus und sicheren Frieden:
... Es ist kein Zufall, daß bewährte Antifaschisten in unserem Staat entscheidende Verantwortung tragen und der Widerstandskämpfer Erich Honecker der erste Repräsentant des sozialistischen deutschen Arbeiter- und Bauernstaates ist. ...
Flugblatt:
In unserem Lande ist die Kommunikation zwischen Staat und Gesellschaft offensichtlich gestört. ...
... Wir bilden deshalb gemeinsam eine politische Plattform für die ganze DDR, die es Menschen aus allen Parteien, Lebenskreisen und Gruppen möglich macht, sich an der Diskussion und Bearbeitung lebenswichtiger Gesellschaftsprobleme in diesem Lande zu beteiligen. Für eine solche übergreifende Initiative wählen wir den Namen NEUES FORUM. ...
Mitteilung der "Böhlener Plattform":
...Die Teilnehmer des Treffens berieten angesichts der wirtschaftlichen Stagnation und der sich entwickelnden politischen Krise in der DDR über die Notwendigkeit einer tiefgreifenden politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Umgestaltung, die dafür notwendige Zusammenarbeit aller auf den Positionen des Sozialismus stehenden weltanschaulichen und politischen Kräfte in der DDR und die Notwendigkeit der Erarbeitung einer linken, sozialistischen Alternative im Geiste sozialistischer Demokratie und Freiheit. ...
100 TAGE DIE DIE DDR ERSCHÜTTERTEN
Neues Deutschland vom 11.09.1989 Seite 1:
Wie aus Budapest verlautet, wurde sich in der UVR aufhaltenden DDR-Bürgern illegal und unter Verletzung völkerrechtlicher Verträge und Vereinbarungenin einer Nacht-und-Nebel-Aktion über die Grenze zu Österreich die Ausreise in die BRD ermöglicht. ...
... Unter dem Vorwand humanitärer Erwägungen wird organisierter Menschenhandel betrieben.
Mit Bedauern muß festgestellt werden, daß sich Vertreter der Ungarischen Volksrepublik dazu verleiten ließen, unter Verletzung von Abkommen und Vereinbarungen diese von der BRD von langer Hand vorbereiteten Aktion zu unterstützen.
Neues Deutschland vom 11.09.1989 Seite 5:
Michail Gorbatschow im sowjetischen Fernsehen am 9. September:
... Das wichtigste dabei ist jedoch, und das möchte ich besonders betonen, daß die werktätigen Massen in Bewegung geraten sind, sie beteiligen sich immer aktiver an der Erörterung und Lösung sozialökonomischer und politischer Aufgaben. Genossen, diese Tatsache hat prinzipielle Bedeutung, weil sie der Umgestaltung kostruktiven, sachlichen Charakter verleiht, wodurch die entstandene Entfremdung des Volkes von der Macht überwunden wird.
Doch man muß auch das andere sehen. ...
... Wir sehen, wie von konservativen und linksradikalen und mitunter auch von unverdeckt antisozialistischen Positionen aus Versuche unternommen werden, die Umgestaltung in Verruf zu bringen. ...
... Das zeugt davon, daß irgend jemand eine Atmosphäre der Unruhe, Ausweglosigkeit und Unsicherheit in der Gesallschaft schaffen will. ...
Tagesspiegel vom 11.09.1989 Seite 1:
Schlagzeilen:
UNGARN ÖFFNET DAS TOR FÜR TAUSENDE DDR-BÜRGER
BUNDESREGIERUNG HEISST DIE FLÜCHTLINGE WILLKOMMEN
DDR: ORGANISIERTER MENSCHENHANDEL - HORN WIDERSPRICHT
16.000 DDR-BÜRGER REISTEN AUS DER CSSR NACH UNGARN
Spiegel vom 11.09.1989 Seite 1:
Schlagzeilen:
HONECKER WILL STERBEN
ICH LIEBE EUCH DOCH ALLE!
MfS ZAIG, 0/223 Berlin, 11.9.1989
ZAIG an Mielke, Carlsohn
Nur zur persönlichen Kenntnisnahme
Hinweise auf beachtenswerte Reaktionen von Mitgliedern und Funktionären der SED zu einigen aktuellen Aspekten der Lage in der DDR und zum innerparteilichen Leben
... Vorliegenden Informationen zufolge sind zahlreiche, vor allem langjährige Parteimitglieder, von tiefer Sorge erfüllt über die gegenwärtige allgemeine Stimmungslage unter großen Teilen der Werktätigen, besonders in den Betrieben, teilweise verbunden mit ernsten Befürchtungen hinsichtlich der weiteren Erhaltung der politischen Stabilität der DDR. ...
... Als Hauptgründe für Austritte aus der Partei (...) würden insbesondere angegeben:
- Nichteinverständnis mit der Um- und Durchsetzung der ökonomischen Politik der Partei (Hauptargument: Trotz vieler Beschlüsse ändere sich nichts an der komplizierten Lage in der Volkswirtschaft und auf dem Gebiet der Versorgung. Man habe keine überzeugenden Argumente gegenüber Parteilosen und könne deshalb die Parteilinie nicht vertreten);
- mangelndes Vertrauen in die Parteiführung (Hauptargument: Die Parteiführung wolle die Probleme nicht wahrhaben; sie habe sich von der Basis gelöst);
- Ablehnung der Informationspolitik der Partei (Hauptargument: Die Partei überlasse es dem Gegner, sich mit unseren inneren Problemen zu befassen; die DDR-Massenmedien hielten an der Linie einer "Erfolgsberichterstattung" fest; die Einheit von Wort und Tat sei nicht mehr gewährleistet). ...
... Hochschullehrer (SED-Mitglieder) erklären, mit wachsendem Unbehagen in Vorlesungen und Seminare zu gehen, da Studenten immer häufiger politisch sensible Themenbereiche ansprechen und dazu Fragen stellen, auf die sie keine überzeugenden Antworten geben könnten, ohne Grundpositionen der Partei in Frage zu stellen. ...
... Darüber hinaus mangele es den DDR-Massenmedien an Objektivität bei der Darstellung innenpolitischer Probleme. Es werde ein Bild einer "heilen Welt" des Sozialismus in der DDR vermittelt, die teilweise im krassem Widerspruch zur Wirklichkeit stehe. ...
... Besonders beachtenswert erscheinen vorliegende interne Hinweise, wonach journalistisch tätige Personen ihre Verbitterung über fortgesetzte administrative Entscheidungen der Abteilung Agitation/Propaganda des ZK der SED bezüglich der Qualität, der Eignung und der Nutzung von zur Veröffentlichung vorgeschlagenen Artikeln zum Ausdruck bringen. Dies erzeuge bei ihnen zunehmend das Gefühl, daß den Journalisten ihr Urteilsvermögen abgesprochen werde.
100 TAGE DIE DIE DDR ERSCHÜTTERTEN
Neues Deutschland vom 12.09.1989 Seite 2:
DER "GROSSE COUP" AUS DER BRD
Nach langfristiger Planung und sorgfältiger Organisation wurde am Montag in einer Nacht-und-Nebel-Aktion begonnen, mit größtem propagantistischem Aufwand eine große Anzahl Bürger der DDR illegal und unter Verletzung völkerrechtlicher Verträge und Vereinbarungen aus der Ungarischen Volksrepublik in die BRD zu verbringen. ...
... Die Verantwortlichen in der BRD haben diesen Schritt trotz aller Hinweise und Warnungen, entgegen allen konstruktiven Vorschlägen und Initiativen der DDR zur einvernehmlichen Lösung dieses Problems unternommen und finanziert. In einer zügellosen Hetz- und Verleumdungskampagne gegen die DDR wurden unter Mißbrauch von Reise- und Kontaktmöglichkeiten, über Massenmedien und durch direkte Aktionen unverhüllte Abwerbung und Irreführung von Bürgern unseres Staates betrieben. ...
Neues Deutschland vom 12.09.1989 Seite 2:
EIN GRAMM ZU WENIG
Es gibt keinen Zweifel, daß in Springers "Bild"-Zeitung die klügsten Köpfe der Bundesrepublik sitzen. Kein Tag vergeht, ohne daß sie sich einen Geistesblitz aus den Fingern saugen würden. Dabei wird das Gehirn erst gar nicht beansprucht, und die Aufnahmebereitschaft ihrer Leser schätzen sie entsprechend ein. Für die Gehirnmasse dieser Springer-Leute paßt keine andere Schale. Sie bleibt zu klein, um zwischen Dichtung und Wahrheit zu unterscheiden. ...
... Schließlich auch noch: "Ohne Bonn wäre die DDR längst Pleite". Ihre fleißigen Bürger werden gar nicht erst erwähnt. Man zählt auf: "Transitpauschale, Straßenbenutzungsgebühren, Verbesserung der Verkehrswege, Ausbau der Wasserstraßen zur Bundesrepublik, Öffnung des Teltowkanals ...". Springers "Bild" tut so, als habe man dort vom Prinzip Leistung gegen Leistung noch nie etwas gehört. Da kann man nur sagen: Gott helfe den geistig armen.
E.H.
100 TAGE DIE DIE DDR ERSCHÜTTERTEN
Neues Deutschland vom 13.09.1989 Seite 1:
ERKLÄRUNG VON CTK
... Ihr (Massenmedien und bestimmte politische Kreise der BRD) Ziel ist es, die Erfolge herabzumindern, die die DDR bisher beim Aufbau der sozialistischen Gesellschaft erreicht hat, ihren Platz in der Gemeinschaft der europäischen Staaten in Frage zu stellen und sich in innere Angelegenheiten einzumischen.
Es ist bedauernswert, daß der illegale Weggang von DDR-Bürgern über ein drittes Land ermöglicht wird durch die Verletzung von Verträgen, die die Deutsche Demokratische Republik mit anderen Staaten geschlossen hat. ...
Neues Deutschland vom 13.09.1989 Seite 3/4:
PARTEIAKTIVISTEN DER BEZIRKE AN DAS ZK DER SED
Halle: Von ganzem Herzen danken wiir der Parteiführung und Dir ganz besonders für die angestrengte Arbeit zur Sicherung des Friedens und der weiteren Ausgestaltung des Sozialismus in den Farben der DDR. ...
... Suhl: Wir sehen unseren Auftrag darin, offensiv den Zusammenhang von starkem Sozialismus und sicherem Frieden zu erläutern, die Werte und Vorzüge unserer sozialistischen Gesellschaftsordnung zu propagieren, die Arbeitskollektive zu hohen Leistungen zu mobilisieren und jegliche Einmischung der Feinde des Sozialismus in unsere inneren Angelegenheiten entschieden zurückzuweisen.
ICH LIEBE EUCH DOCH ALLE!
MfS Dokumentenverwaltung, Nr. 103614 Berlin, 13.9.1989
VVS-Nr. 0008, MfS-Nr. 62/89
Bestätigt: Mielke
Maßnahmeplan zum rechtzeitigen Erkennen und zur vorbeugenden Verhinderung des Mißbrauchs von Reisen nach der bzw. durch die Ungarische Volksrepublik
Zur Durchsetzung der im Schreiben des Genossen Minister vom 13.9.1989 angewiesenen Aufgabenstellungen sind nachfolgende Maßnahmen internen Charakters innerhalb des MfS und im politisch-operativen Zusammenwirken mit anderen Schutz- und Sicherheitsorganen einzuleiten:
1. Maßnahmen innerhalb des MfS
1.1. Zur zentralen Überprüfung der im MfS vorliegenden Informationen, die Einsprüche zu Reiseanträgen von Bürgern der DDR in die Ungarische Volksrepublik, die Volksrepublik Bulgarien und die Sozialistische Republik Rumänien erfordern, sind folgende Arbeitsschritte durchzusetzen.
1.1.1. Alle Reiseanträge in die genannten Länder sindin der Abteilung XII zentral zu überprüfen. ...
1.1.2. Auf der Grundlage des vorhandenen Materials hat die erfassende Diensteinheit gewissenhaft zu prüfen, ob gemäß Schreiben des Genossen Minister vom 13.9.1989 gegen die Genehmigung der Reise aus sicherheitspolitischen Gründen Einspruch zu erheben ist. ...
1.1.3. Durch die verantwortliche KD sind notwendige Einsprüche des MfS beim VPKA durchzusetzen. ...
1.2. An den für den Reiseverkehr nach der UVR vorwiegend genutzten GÜSt an der Staatsgrenze zur CSSR sowie auf den internationalen Flughäfen der DDR ist zielgerichtet Filtrierungstätigkeit im Zusammenwirken mit den Grenzzollämtern zum Erkennen von Verdachtsmomenten auf ungesetzliches Verlassen der DDR zu verstärken, ohne die reibungslose Abwicklung des grenzüberschreitenden Verkehrs zu beeinträchtigen. ...
1.3. Der Leiter der Abteilung X wird beauftragt, die Sicherheitsorgane der CSSR über die von der DDR vorgesehenen Maßnahmen zur Unterbindung von Mißbrauchshandlungen im Reiseverkehr in die UVR mit dem Ziel zu informieren, ungesetzliche Grenzübertritte von Bürgern der DDR zu verhindern. ...
2. Maßnahem im MdI
Der Leiter der Hauptabteilung VII wird beauftragt, in Abstimmung mit dem Minister des Innernzur Gewährleistung der zentralen Überprüfung in der Abteilung VII des MfS zu veranlassen, daß durch die Personendatenbank ein maschineller Datenträger zur Verfügung gestellt wird, der zusätzlich die Angabe des Ziellandes enthält. ...
3. Maßnahmen in der Zollverwaltung der DDR
Der Leiter der Hauptabteilung VI wird beauftragt, in Abstimmung mit dem Leiter der Zollverwaltung der DDR durch den Einsatz von ca. 180 Zusatzkräften die Zollkontrolldichte an den Grenzzollämtern zu erhöhen. ...
Bei der Einleitung und Durchsetzung der festgelegten Maßnahmen im MdI und in der Zollverwaltung der DDR ist deren Geheimhaltung innerhalb dieser Organe und gegenüber anderen Personen strikt zu gewährleisten.
100 TAGE DIE DIE DDR ERSCHÜTTERTEN
Neues Deutschland vom 14.09.1989 Seite 1:
ERKLÄRUNG VON AGERPRESS
Im Zusammenhang mit der illegalen Ausreise von Bürgern der DDR über die UVR in die BRD hat die Öffentlichkeit Rumäniens mit berechtigter Besorgnis von der illegalen Aktion der Bundesrepublik Deutschland Kenntnis genommen, eine große Zahl von Bürgern der Deutschen Demokratischen Republik abzuwerben und über Ungarn auszuschleusen. Diese Aktion, die in flagranter Weise den internationalen Verträgen und Vereinbarungen, den Normen der Beziehungen zuwischen unabhängigen und souveränen Staaten zuwiderläuft, stellt eine offene Einmischung in die inneren Angelegenheiten der DDR sowie eine schwerwiegende Verletzung der Menschenrechte, der nationalen Gesetze und der Gestzgebung anderer Staaten dar und reiht sich zugleich in die von revanchistischen, revisionistischen und chauvinistischen Kreisen organisierte Kampagne gegen die sozialistischen Länder und den Sozialismus überhaupt ein. ...
100 TAGE DIE DIE DDR ERSCHÜTTERTEN
Neues Deutschland vom 15.09.1989 Seite 1:
Schlagzeilen:
MICHAIL GORBATSCHOW KOMMT ZUM 40. JAHRESTAG DER DDR
HERZLICHE GRÜßE ERICH HONECKERS AN MICHAIL GORBATSCHOW
JEGOR LIGATSCHOW VERURTWILT TENDENZIÖSE KAMPAGNE GEGEN DIE DDR
BEIDE SEITEN LEGTEN ERFAHRUNGEN BEIM SOZIALISTISCHEN AUFBAU DAR
FRANKENHAUSENER BAUERNKRIEGSPANORAMA IN DIE HÄNDE DES VOLKES ÜBERGEBEN
TÜBKES BILD "FRÜHBÜRGERLICHE REVOLUTION IN DEUTSCHLAND" - EIN KUNSTWERK VON WELTRANG
KONFERENZ BERLINER BESTARBEITER BEKRÄFTIGT: UNSERE GANZE KRAF FÜR DIE STÄRKUNG DES SOZIALISMUS
NEUE VERPFLICHTUNGEN ZUR VORBEREITUNG DES 40. JAHRESTAGES DER DDR UND DES XII. PARTEITAGES DER SED
100 TAGE DIE DIE DDR ERSCHÜTTERTEN
Neues Deutschland vom 16.09.1989 Seite 2:
MITTEILUNG VON ADN
Wie ADN erfährt, hat der Präsident der Volkskammer der DDR, Horst Sindermann, sich mit folgendem Schreiben an den stellvertretenden Vorsitzenden der SPD-Bundestagsfraktion Prof. Dr. Ehmke gewandt:
Die von Ihnen am gestrigen Tage auf der internationalen Pressekonferenz in Bonn gemachten Ausführungen zur Reise der Bundestagsfraktion sowie die Ausführungen des Vorsitzenden der SPD, H. J. Vogel, im Bundestag am Donnerstag nachmittag besagen eindeutig, daß der im Frühjahr dieses Jahres vereinbarte Besuch einer Delegation der SPD-Bundestagsfraktion nicht den vereinbarten Zielen des Dialogs im Interesse des Friedens und der Sicherheit sowie der gleichberechtigten Zusammenarbeit der beiden deutschen Staaten dient, sondern voll und ganz nur auf Konfrontation und direkte Einmischung in die inneren Angelegenheiten der Deutschen Demokratischen Republik gerichtet ist. ...
... Es ist daher festzustellen, daß die Erklärungen von Prof. Ehmke und H. J. Vogel die Reise selbst gegenstandslos gemacht haben. Der Besuch kann deshalb nicht stattfinden.
100 TAGE DIE DIE DDR ERSCHÜTTERTEN
Aus einem internen Schulungsmaterial des MfS vom September 1989
Von welchem Geist ist die Kampagne durchdrungen, die in den Sommermonaten des Jahres 1989 gegen die DDR entfacht worden ist? Die deutliche Belebung nationalistischer und revanchistischer Tendenzen in der BRD reflektiert sich im Frühjahr 1989 in der Artikulierung großdeutschen Ungeistes, der verstärkt vorgetragenen Anmaßung, für alle Deutschen zu sprechen und in der Betonung, eine "Obhutspflicht" für alle DDR-Bürger ausüben zu wollen. ...
... Als Mittel zum Zweck nutzen ihre Initiatoren (der Kampagne) irregeleitete Bürger der DDR, denen man in BRD-Botschaften widerrechtlich Aufenthalt gewährt und die besonders um die ungarische Botschaft herum versammelt werden, um bei ihnen die Hoffnung auf eine illegale Ausreise zu nähren.
Der Tagesspiegel vom 17.9., Seite 1
Da wir die Deutschen aus der DDR in der Bundesrepublik als selbstverständlich gleichberechtigte Bürger aufnehmen, wird von der DDR als Angriff auf ihre Souveränität, in dürren Worten: als Angriff auf die von ihr beanspruchte schrankenlose Verfügungsgewalt über den Menschen betrachtet. Aber auch in der Bundesrepublik stimmen die politischen Kräfte darin überein, daß im Grunde besser wäre, wenn es die politischen Verhältnisse in der DDR allen dort lebenden Deutschen erlaubten, in ihrer Heimat zu bleiben.
100 TAGE DIE DIE DDR ERSCHÜTTERTEN
Resolution der Rockmusiker und Liedermacher vom 18. September:
KOMITEE-INFORMATIONEN NR. 6
Wir, die Unterzeichner dieses Schreibens, sind besorgt über den augenblicklichen Zustand unseres Landes, über den massenhaften Exodus vieler Altersgenossen, über die Sinnkrise dieser gesellschaftlichen Alternative und über die unerträgliche Ignoranz der Staats- und Parteiführung, die vorhandene Widersprüche bagatellisiert und an einem starren Kurs festhält. Es geht nicht um Reformen, die den Sozialismus abschaffen", sondern um Reformen, die ihn weiterhin in diesem Land möglich machen. Denn jene momentane Haltung den existierenden Widersprüchen gegenüber gefährdet ihn. ...
Die Zeit ist reif. Wenn wir nichts unternehmen, arbeitet sie gegen uns.
100 TAGE DIE DIE DDR ERSCHÜTTERTEN
Neues Deutschland vom 19.09.1989 Seite 1:
Schlagzeilen:
12.000 WESTBERLINER OHNE DACH ÜBERM KOPF
SIE LEBEN AUF PARKBÄNKEN, IN GRÜNANLAGEN UND AUF HAUSBÖDEN
3.000 STÄNDIG AUF DER STRASSE
OBDACHLOSIGKEIT SO HOCH WIE NIE
Neues Deutschland vom 19.09.1989 Seite 3:
Schlagzeilen:
MENSCHENHANDEL
TATSACHEN ENTHÜLLEN DEN RÜCKSICHTSLOSEN UMGANG DER BRD MIT MENSCHENSCHICKSALEN UND MIT DEM VÖLKERRECHT
MENSCHENHANDEL MIT DIPLOMATENPASS
ALS MALTESER GETARNT
"TAG X" UNTER REGIE VON INNENMINISTERIUM UND BUNDESGRENZSCHUTZ
"HIER IST ARBEITSKRAFT EINE WARE
KEINE HOFFNUNG AUF EINE BEZAHLBARE WOHNUNG
Neues Deutschland vom 19.09.1989 Seite 3:
NACH ANFÄNGLICHER EUPHORIE KOMMT DAS TAL DER ENTTÄUSCHUNG
... Alles Gerede in der Bundesrepublik von "Menschlichkeit" und Menschenrechten" erwist sich wieder einmal als Lug und Trug. Der von Kräften der Bundesrepublik organisierte und stabsmäßig geplante Menschenhandel dient allein der revanchistischen, großdeutschen Politik einer Wiederherstellung des "Großdeutschen Reiches in den Grenzen von 197", einer Revision der Egebnisse des Zweiten Weltkrieges und der Nachkriegsentwicklung. Es ist der Versuch, das 40jährige sozialistische Aufbauwerk der Bürger der DDR zu diskreditieren. ...
ICH LIEBE EUCH DOCH ALLE!
MfS ZIAG, Nr. 416/89 Berlin, 19.9.1989
Information an Mittag, Stoph, Axen, Dohlus, Fischer, Herger, Rettner, Sorgenicht, Mielke, Mittig, Großmann, Neiber, Schwanitz, Kleiber, Krolikowski, W., Neumann, Lange, Mückenberger, Schürer, Böhme (Halle), Eberlein, Lorenz, Müller, G., Müller, M., Walde.
Streng geheim!
Um Rückgabe wird gebeten!
INFORMATION ÜBER BESTREBUNGEN FENDLICHER, OPPOSITIONELLER KRÄFTE ZUR SCHAFFUNG DDR-WEITER SAMMLUNGSBEWEGUNGEN/VEREINIGUNGEN
Wie bereits in der Information des MfS Nr. 386/89 vom 4. September 1989 umfassend dargestellt, propagierte der wegen fortgesetzter negativer Aktivitäten hinlänglich bekannte Pfarrer MECKEL/Magdeburg im Rahmen eines am 26. August 1989 stattgefundenen "Menschenrechtsseminars" in der Golgathakirchengemeinde Berlin die Bildung einer sogenannten Initiative zur Schaffung einer sozialdemokratischen Partei in der DDR. Deren Konstituierung ist nach vorliegenden Hinweisen für den 7. Oktober 1989 vorgesehen. ...
... Streng vertraulichen Hinweisen zufolge fand in jüngster Zeit eine Zusammenkunft der Kräfte um MECKEL statt, während der ein "Aufruf der Initiativgruppe Sozialdemokratische Partei in der DDR" verfaßt wurde, der vervielfältigt und verbreitet werden soll (Text als Anlage 1). Damit erhoffen sich die Inspiratoren/Organisatoren eine höhere Wirksamkeit hinsichtlich der Sammlung von Gleichgesinnten/Sympathisanten. ...
...Über die vorgenannten Aktivitäten zur Bildung einer sozialdemokratischen Partei hinausgehend, wurden dem MfS streng intern Aktivitäten feindlicher, oppositioneller Kräfte bekannt, sogenannte Sammlungsbewegungen und Vereinigungen mit dem Ziel zu bilden, Gleichgesinnte und Sympathisanten zusammenzuführen und eine organisierte inner Opposition zu informieren:
1. Anfang eptember 1989 "kostituierte sich im Rahmen einer langfristig vorbereiteten Zusammenkunft von ca. 30 Führungskräften personeller Zusammenschlüssen und weiterenfeindlich-negativen Personen aus der Hauptstadt Berlin sowie den Bezirken Leipzig, Halle, Dresden, Magdeburg, Frankfurt/Oder, Potsdam und Schwerin eine sogenannte Vereinigung "Neues Forum". ...
... Erklärtes Ziel der "Gründungsmitglieder" der Vereinigung "Neues Forum" ist es, ausgehend von der Behauptung, wonach die Kommunikation zwischen Staat und Gesellschaft gestört und die Lösung anstehender lokaler und globaler Aufgabenbehindert seien, mit der Vereinigung "Neues Forum" eine politische Plattform für die genze DDR zu bilden, die es "Menschen aus allen Berufen, Lebenskreisen, Parteien und Gruppen" möglich machen soll, sich an der "Diskussion und Beratung lebenswichtiger Gesellschaftsprobleme", am "demokratischen Dialog über die Aufgaben des Rechtsstaates, der Wirtschaft, der Kultur" und anderer gesellschaftlicher Probleme zu beteiligen.
Darüber hinaus wurde intern bekannt, daß sich am 18. September 1989 im "Maxim-Gorki-Klub" in Berlin-Weißensee ca 50 Unterhaltungskünstler verschiedener Genres zusammenfanden, um einen Meinungsaustausch zur aktuellen innenpolitischen Situation in der DDR zu führen und sich mit den Erstunterzeichnern des "Neuen Forums" zu solidarisieren. Diese Zusammenkunft war zwischen dem Vorsitzenden der Sektion Rockmusik für Unterhaltungskunst der DDR, Toni KRAHL (Gruppe "City"), und der BOHLEY abgestimmt worden. Im Ergebnis der Beratung - eine weitere ist für den 25. September 1989 am gleichen Ort vorgesehen - wurde eine "Resolution" verfaßt (Text als Anlage 5), in der sich die Teilnehmer durch Unterschrift zum Aufruf des "Neuen Forum" bekennen und gesellschaftliche Veränderungen verlangen. Erstunterzeichner sind u. a. Frank SCHÖBEL, die Sängerinnen Tamara DANZ und Angelika WEIZ sowie die Liedrmacher Gerhard SCHÖNE, Kurt DEMMLER und Norbert BISCHOFF.
2. Eine Gruppe reaktionärer kirchlicher Amtsträger, in der Mehrzahl langjährige Inspiratoren/Organisatoren politischer Untergrundtätigkeit, darunter die hinlänglich bekannten Pfarrer EPPELMANN/Berlin, SCHORLEMMER/Wittenberg, RICHTER/Erfurt, PAHNKE/Borgsdorf und WGNER/Leipzig sowie weitere feindliche, oppositionelle Kräfte unternehmen intensive Bemühungen, um bis Anfang Oktober 1989 eine Sammlungsbewegung "Demokratischer Aufbruch" zu bilden. ...
... Ausgehend vom bisherigen Verhalten EPPELMANNs ist begründet davon auszugehen, daß er die ihm genehmigte private Reise vom 5. bis 14. September 1989 in die BRD dazu mißbraucht hat, das genannte Vorhaben seinen hochgradigen Kontaktpartnern in politischen Parteien der BRD bekanntzumachen, sich mit diesen zu beraten und abzustimmen. ...
3. Unter Leitung des Medizinstudenten Michael ARNOLD, Mitglied des personellen Zusammenschlusses "Interessengemeinschaft Leben"/Leipzig, Mitorganisator provokatorisch-demonstrativer Aktionen im Territorium von Leipzig und Gründungsmitglied der vorgenannten Vereinigung "Neues Forum", soll nach intern vorliegenden Hinweisen am 24. September 1989 in Leipzig ein auf Einladungsbasis organisiertes Seminar mit ca. 50 feindlichen, oppositionellen Personen aus verschiedenen Bezirken der DDR durchgeführt werden. Es soll sich mit "Fragen der Gründung von Vereinigungen und Organisationen mit oppositionellen Charakter" in der DDR beschäftigen und ebenfalls zur Bildung einer DDR-weiten Sammlungsbewegung genutzt werden. ...
... 4. Dem MfS liegen darüber hinaus Hinweise über weitere Absichten feindlicher, oppositioneller Kräfte zur Bildung von Sammlungsbewegungen/Vereinigungen vor. So wurden am Rande der vom 15. bis 19. September 1989 in Eisenach tagenden Synode des Bundes der Evangelischen Kirchen in der DDR ein vom 12. September 1989 datierter "Aufruf zur Einmischung in eigener Sache" sowie damit im Zusammenhang stehende " Thesen für eine demokratische Umgestaltung in der DDR" (Texte als Anlage 4) verbreitet.
In den genannten Papieren rufen insgesamt 12 Unterzeichner, vorwiegend Mitglieder des eng dem "Friedenskreis" der Bartholomäuskirchengemeinde Berlin-Friedrichshain angeschlossenen hinlänglich bekannten personellen Zusammenschlusses "Initiativgruppe Absage an Praxis und Prinzip der Abgrenzung", wie die kirchlichen Amtsträger und Mitarbeiter LAMPE, BICKHARDT, Dr. ULLMANN und MEHLHORN sowie die an der Akademie der Wissenschaften der DDR tätigen Wissenschaften der DDR tätigen Wissenschaftler Dr. FISCHBECK und Dr. BARTOSZEK, zur Bildung einer "Bürgerbewegung Demokratie jetzt" auf. ...
5. Zu Meldunge in westlichen Medien über die Existenz einer oppositionellen Sammlungsbewegung "Liste 2" konnten bisher keine Hinweise erarbeitet werden. ...
100 TAGE DIE DIE DDR ERSCHÜTTERTEN
Neues Deutschland vom 20.09.1989 Seite 1:
Schlagzeilen:
NICOLAE CEAUSESCU VERURTEILT EINMISCHUNG IN INNERE ANGELEGENHEITEN DER DDR
STRIKTE EINHALTUNG DER SCHLUSSAKTE VON HELSINKI VERLANGT
GRÜSSE KIM IL SUNGS AN ERICH HONECKER: BOTSCHAFTER DER KDVR ÜBERGAB FILM ÜBER WELTFESTSPIELE
ERNEUT PROVOKATORISCHER ANSCHLAG GEGEN DIE STAATSGRENZE DER DDR
LEBEN VON GRENZSOLDATEN ERNSTHAFT GEFÄHRDET
Neues Deutschland vom 20.09.1989 Seite 6:
Schlagzeilen:
IN DER BRD 10.000 OPFER DER BERUFSVERBOTE
"APOSTEL DER MENSCHENRECHTE" IN BONN BETREIBEN GESINNUNGSTERROR
TAUSENDE MENSCHEN IN BERLIN (WEST): OBDACHLOS UND OHNE JEDE HOFFNUNG
EHEMALIGER MAURER LEBTE MIT SEINER FRAU VIER MONATE UNTER BAUM AM LANDWEHRKANAL